Update: Festkolloquium Keltenmuseum Hallein 50-jähriges Jubiläum

„Die Kelten – Ursprung. Geschichte. Mythos.“  Mit diesem Titel würdigt ein öffentliches Festkolloquium Jahrzehnte der Forschung zur prähistorischen Salzmetropole auf dem Dürrnberg. Internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler präsentieren im Kolpinghaus Hallein die aktuellsten Forschungsergebnisse zur Geschichte und Archäologie der Kelten. Das Keltenmuseum Hallein feiert mit dem Festkolloquium sein 50-jähriges Jubiläum, das im Jahr 2020 begangen wurde. Als eines der bedeutendsten archäologischen Fundortmuseen Europas zeigt es die spektakulären Funde des vorgeschichtlichen Bergbauzentrums auf dem Dürrnberg.

Die Vorträge zur Religion der Kelten, den ältesten Städten Europas, zur keltischen Kunst und vielen anderen spannenden Themen finden am 15. & 16. Oktober im Kolpinghaus Hallein statt. Am 16. Oktober schildert dort der Leiter der Dürrnbergforschung, Dr. Holger Wendling um 18 Uhr in einem Festvortrag aktuelle Forschungen zur weltberühmten „Dürrnberger Schnabelkanne und ihren Schwestern“.

Die kostenlose Teilnahme am öffentlichen Festkolloquium vor Ort in Hallein steht allen Interessierten frei – die obligatorische Anmeldung ist unter www.keltenmuseum.at/festkolloquium/ oder +43-(0)6245-80783 möglich. Alle Vorträge können auch live online verfolgt werden, der link hierzu wird rechtzeitig auf www.keltenmuseum.at bekannt gemacht.

Am 17. Oktober 2021 geben Experten auf einer Bus-Exkursion auf den Dürrnberg und zu keltischen Fundstellen der Region Einblick in die archäologische Forschung. Aufgrund begrenzter Teilnehmerzahl ist eine vorherige Anmeldung unbedingt notwendig. Alle Veranstaltungen des Festkolloquiums berücksichtigen die jeweils gültigen Maßnahmen zur Eindämmung des CoronaVirus (SARS-CoV-2), es gilt jedenfalls die 3G-Regel!

Das Festkolloquium findet in Kooperation des Keltenmuseum Hallein, der Archäologischen Staatssammlung München, der Dürrnbergforschung und dem Salzburg Museum statt.

Es wird als Kleinprojekt durch das EU-Programm InterregV A Österreich/Bayern 2014–2020 der EuRegio finanziell unterstützt. Infos & Programm: www.keltenmuseum.at/festkolloquium/ Anmeldung zu Vorträgen und/oder Exkursion: www.keltenmuseum.at/festkolloquium/ oder +43- (0)6245-80783 Übernachtungsmöglichkeiten: https://www.hallein.com/uebernachten/unterkunft-buchen1

Das vollständige Programm finden Sie hier:

PROGRAMM

FREITAG, 15. OKTOBER 2021

9:00-9:30 Uhr | Begrüßung

9:30-10:15 Uhr | Die Kelten bei Griechen und Römern

PD Mag. Dr. Andreas Hofeneder (Wien, AT)
Die Kelten galten ihren südlichen Nachbarn in Griechenland und Rom als Inbegriff barbarischer Wildheit. Von furchteinflößendem Äußeren und grausamer Kampflust einerseits, genossen sie aufgrund ihres Mutes und ihrer Tapferkeit gleichzeitig hohes Ansehen. Auch über ihre Religion kursierten wahre Schauergeschichten, die unser Keltenbild oft bis heute bestimmen: Die antiken Autoren berichten über Menschenopfer, Druiden und Schädelkult.

10:15-11:00 Uhr | Die frühkeltischen „Fürstensitze“ und „Fürstengräber“

Prof. Dr. Dirk Krausse (Esslingen, DE)
In der frühen Eisenzeit, im 7.–5. Jahrhundert v. Chr. blühte im Zentrum Europas die Hallstattkultur, die als kulturelle Frühform der keltischen Bevölkerungen späterer Zeit gilt. Vom heutigen Burgund bis Baden-Württemberg herrschte in großen Zentralsiedlungen, den sogenannten „Fürstensitzen“, eine mächtige Elite. Ihre Mitglieder pflegten Kontakte bis nach Griechenland und Etrurien und wurden in Prunkgräbern unter Großgrabhügeln bestattet. Diese „Fürstengräber“ sind oft mit kostbaren Beigaben aus Gold und Bernstein sowie exotischen Importen ausgestattet und spiegeln Macht und Reichtum der frühkeltischen Herrscher.

11:00-11:30 Uhr Kaffeepause

11:30-12:15 Uhr | Sturm über Europa – Die keltischen Wanderungen

Dr. Martin Schönfelder (Mainz, DE)
386 v. Chr. plünderten die Kelten unter ihrem Anführer Brennus Rom. Dieses Ereignis ist je nach Perspektive einer der Höhe- oder Tiefpunkte der „keltischen Wanderungen“, bei denen eisenzeitliche Bevölkerungen aus Mitteleuropa sich über große Teile Europas ausbreiteten. Infolge dieser Züge wurden keltische Stämme in Norditalien und auf dem Balkan sesshaft und gelangten als „Galater“ bis nach Kleinasien.

12:15-13:00 Uhr | Keltische Kunst – Abbild einer dynamischen Welt

Dr. Jennifer M. Bagley M.A. (München, DE)
Im 5. Jahrhundert v. Chr. bildet sich in Mitteleuropa ein eigentümlicher, frühkeltischer Kunststil heraus, der Anregungen aus Griechenland, Italien und dem skythischen Osten aufnimmt und in einer eigenen Formensprache umsetzt. Erstmals werden in großem Umfang figürliche Elemente auf Gebrauchsgegenständen und Schmuck gezeigt, deren inhaltliche Deutung heute kaum möglich erscheint. Dämonen, Fabeltiere, Fratzen und Geisterwesen sind der religiösen Vorstellungswelt der Kelten entsprungen und sollten magischen Schutz vor Unheil, Krankheit oder Tod bieten. Ob die Veränderung der Kunststile im Laufe der vorchristlich-keltischen Zeit auf den Wandel der Glaubensvorstellungen zurückgeht oder Änderungen des Kunstgeschmacks folgt, wird in der Forschung diskutiert

13:00-14:30 Uhr | Mittagspause

14:30-15:15 Uhr | Leben auf dem Land – Herrenhöfe und Viereckschanzen

Dr. Walter Irlinger (München, DE)
In der Eisenzeit galten Ackerland und Vieh als Garanten von Reichtum und Macht. In der Hallstattzeit lebten die Landbesitzer im heutigen Südostdeutschland in sogenannten „Herrenhöfen“, die teilweise von mehrfachen Graben- und Palisadenwerken umgeben waren. In der spätkeltischen Zeit residierten Großgrundbesitzer im heutigen Süddeutschland in Viereckschanzen, mit Wall und Graben befestigten Gehöften im Zentrum ihrer Ländereien. Im Zentrum der Befestigungen dienten riesige Holzhäuser als repräsentative „Hallen der Hofherren“.

15:15-16:00 Uhr | Oppida – Keltische Städte

Prof. Dr. Stephan Fichtl (Straßburg, FR)
Seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. entstanden im keltischen Mitteleuropa große Zentralsiedlungen, deren Wirtschaftsschwerpunkt nicht in der Landwirtschaft, sondern in Handwerk und Handel lag. Als unbefestigte Großsiedlungen oder mit massiven Mauern umschlossene Befestigungen konzentrierten sie die Bevölkerung in vorher nie dagewesener Weise. Die komplexen Bau- und Siedlungsstrukturen der ältesten Städte nördlich der Alpen übernehmen Architekturformen aus dem mediterranen Raum, der in engen Fernhandelsbeziehungen Wein, Bronzegeschirr und Luxusgüter in die keltischen Zentren nördlich der Alpen exportierte.

16:00-16:30 Uhr | Kaffeepause

16:30-17:15 Uhr | Der Dürrnberg – ein Zentrum der keltischen Welt

Dr. habil. Holger Wendling M.A. (Salzburg/Hallein, AT)
Durch die enge räumliche Verknüpfung von Siedlungsarealen, Bestattungsplätzen und Wirtschaftszonen – dem Salzbergbau – spielt der Dürrnberg in der Archäologie der Kelten eine besondere Rolle. In seinem einzigartigen Fundspektrum und den spektakulären Befunden über und unter Tage spiegeln sich alle Aspekte keltischen Lebens von der Hallstatt- bis in die Latènezeit. Seine Erforschung setzt bis heute Akzente in der europäischen Eisenzeitarchäologie.

17:15-18:00 | Knochenlese – Anthropologie der Kelten

Dr. Karin Wiltschke-Schrotta (Wien, AT)
Neben der materiellen Kultur ermöglichen die konkreten körperlichen Relikte eisenzeitlicher Populationen einen unmittelbaren Einblick in die Lebensrealität der keltischen Epoche. Menschliche Skelettreste aus Bestattungen, Siedlungszusammenhang und Opferkontext erlauben Aussagen zu Sterbealter, Geschlecht, Krankheiten und Lebensumständen der urgeschichtlichen Bevölkerung. Neben der anthropologischen Skelettanalyse haben DNS- und Isotopenuntersuchungen das Erkenntnispotential menschlicher Knochenreste zu Ernährung, Herkunft und ethnischer Zugehörigkeit erheblich gesteigert.

17:00-20:00 Uhr | Museum exklusiv geöffnet für die TagungsteilnehmerInnen

SAMSTAG, 16. OKTOBER 2021

9:30-10:15 Uhr | Essen, Trinken, Spielen – Arbeit, Krankheit, Tod: Leben und Alltag der Kelten

Prof. Mag. Dr. Peter Trebsche (Innsbruck, AT)
Neben spektakulären Waffen- und Depotfunden spiegeln die alltäglichen Dinge, die bei Ausgrabungen in keltischen Siedlungen und Gräbern gefunden werden, das „normale Leben“ der Menschen vor über 2000 Jahren. Keramikgefäße, Speisereste, Werkzeug, Häuser, aber auch die Knochen der Verstorbenen selbst erzählen Geschichten über Leben und Alltag der Kelten jenseits brutaler Kriegszüge und geheimnisvoller Riten.

10:15-11:00 Uhr | Eisen, Kupfer, Gold und Salz – Bergbau und Ressourcen

Prof. Dr. Thomas Stöllner (Bochum, DE)
Das Eisen gab einer ganzen Epoche ihren Namen und diente im keltischen Europa ab ca. 750 v. Chr. als Rohstoff für Waffen, Werkzeug und Gerät. Kupfer wurde vor allem in den seit der Bronzezeit tätigen Bergbaugebieten der Inneralpen abgebaut. Mit Zinn wurde es zu Bronze legiert, die als Material für Schmuck und Kunstwerke diente, bei denen es den Sonnenglanz des kostbaren Goldes imitierte. Als Nahrungszusatz für Mensch und Tier, Konservierungsmittel und Werkstoff brachte der Salzabbau in Hallstatt, Dürrnberg und Bad Nauheim den Menschen Reichtum und Macht.

11:00-11:30 Uhr | Kaffeepause

11:30-12:15 Uhr | Das erste Geld – Keltische Numismatik

PD Dr. Ursula Schachinger (Graz, AT)
Seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. nutzen die Kelten als erste transalpine Kultur Europas Geld als Zahlungsmittel. Die Vorbilder für das gemünzte Tauschmedium kamen ursprünglich aus dem makedonischen Griechenland, wo Kelten als Söldner der mediterranen Staaten kämpften oder auf Kriegs- und Raubzügen Beute machten. Bald entwickelte sich eine eigene Kunst- und Bildsprache auf den kleinen gestempelten oder gegossenen Gold-, Silber- und Kupfernominalen. Sie gibt Einblick in die religiöse Symbolik, aber auch in Wirtschafts- und Machtpolitik der spätkeltischen Zeit.

12:15-13:00 Uhr | Die Religion der Kelten

Prof. Dr. Rupert Gebhard (München, DE)
Antike Autoren berichten über geheimnisvolle, mitunter blutrünstige Rituale und mysteriöse Glaubensvorstellungen der Kelten. Die Archäologie hat in den letzten Jahrzehnten durch Ausgrabungen von Tempeln, Heiligtümern und Opferplätzen dazu beigetragen, dieses verzerrte Bild keltischer Religion zu korrigieren. Aus dem Zusammenspiel literarischer und archäologischer Quellen ergibt sich ein facettenreiches Bild keltischen Glaubens zwischen Druiden, Schädelkult und Tieropfern.

13:00-14:30 Uhr | Mittagspause

14:30-15:15 Uhr | Irland, Schottland, Wales – die „Inselkelten“

Katharina Becker, PhD M.A. (Cork, EIR)
Am nordwestlichen Rand Europas, in Cornwall, Irland, Wales, Schottland und der Bretagne finden sich Reste moderner „keltischer“ Kulturen, die einst und zum Teil bis heute Dialekte moderner keltischer Idiome sprachen. Trotz Verwandtschaft mit den antiken gallischen und festlandkeltischen Sprachen ist die kulturelle Verknüpfung mit den eisenzeitlichen Bevölkerungen Kontinentaleuropas in der Forschung umstritten. Trotz einer intensiven Rezeption „keltischer“ Kunststile und vielfältiger Verbindungen zum Kontinent wird eine lokale, „nicht-keltische“ Identität der „Inselkelten“ diskutiert. Im Frühmittelalter strömten durch irische und schottische Missionare keltische Kunstelemente Jahrhunderte nach der vorrömischen Kultur Mitteleuropas wieder auf den Kontinent zurück.

15:15-16:00 Uhr | Die Kelten – zwischen Esoterik und Archäologie

Mag.a Dr.in Jutta Leskovar PhD (Linz, AT)
Die keltische Kultur gilt in esoterischen Kreisen als Verkörperung jahrtausendalter heilbringender, naturverbundener Lebenskonzepte. Vor allem im Neuheidentum spielen diese Keltenbilder eine wesentliche Rolle. Der eisenzeitlichen Bevölkerung unterstellte Weltbilder und Glaubensvorstellungen stehen jedoch im Widerspruch zur lückenhaften Quellenlage und dem durch die Wissenschaft ermittelten Wissen um die europäische Urgeschichte. Somit besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen der neuheidnisch-esoterischen und der archäologisch-wissenschaftlichen Nutzung des Keltenbegriffs.

16:00-18:00 Uhr | Pause

18:00-19:00 Uhr | FESTVORTRAG: Alter Wein aus neuen Humpen – Die Dürrnberger Schnabelkanne und ihre Schwestern

Dr. habil. Holger Wendling M.A. (Salzburg/Hallein, AT)
Keltische Schnabel- und Röhrenkannen sind handwerkliche und künstlerische Prunkstücke der frühen Latènezeit. Neben exquisiten Exemplaren aus Bronze, wie der Prunkkanne vom Dürrnberg, zeugen Stücke aus Keramik und Holz von einem breiteren materiellen und konzeptuellen Spektrum der besonderen Schankgefäße. Die Impulse für die indigene Produktion und Transformation der Kannen stammen von etruskischen Schnabelkannen, die in der Eisenzeit über die Alpen nach Mitteleuropa gelangten. Als Ritualgefäße für Wein und Bier nutzte man die Kannen in Zeremonien, bei Gelagen und Begräbnisfeierlichkeiten. Die Analyse Dutzender Schnabel- und Röhrenkannen vom Dürrnberg offenbart einzigartige soziale und kultische Muster ihres Gebrauchs und deckt faszinierende inhaltlich-symbolische Aspekte der Kannen auf.

SONNTAG, 17. OKTOBER 2021

ganztags | Exkursion

Dr. Walter Irlinger (München, DE); Prof. Dr. Rupert Gebhard (München, DE); Dr. habil. Holger Wendling M.A. (Salzburg/Hallein, AT)
Eine von Fachleuten geführte Exkursion auf den Dürrnberg und zum Karlstein bei Bad Reichenhall steht allen Interessierten offen, die der eisenzeitlichen Kultur in der Region nachgehen möchten.

Zur Anmeldung senden Sie das ausgefüllte Formular bitte an keltenmuseum@keltenmuseum.at

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