Vortrag: Opferkulte und Rituale der Kelten am Beispiel der Heiligtümer von Roseldorf in Niederösterreich

Aufgrund ihrer fehlenden Schriftsprache und ungeschriebenen eigenen Geschichte der Kelten wissen wir primär durch die Griechen und Römer über ihre Götter, Kulte und Rituale Bescheid. Deren Verständnislosigkeit und Feindseligkeit diesen „Barbaren“ gegenüber vermitteln uns jedoch ein verzerrtes Bild. Ausgrabungen der letzten Jahrzehnte wie jene in der keltischen Zentralsiedlung am Sandberg bei Roseldorf in Niederösterreich haben eine neue und differenzierte Darstellung der eisenzeitlichen Kulte und Rituale ermöglicht.

 

Dank ausgedehnter geomagnetischer Prospektionsmessungen konnte am Sandberg erstmalig im Jahr 2002 die Existenz quadratischer Kultstätten der Früh- und Mittellatènezeit (ca. 400 bis 150 v. Chr.) im östlichen Mitteleuropa nachgewiesen werden. Es lassen sich heute drei Kultbezirke mit sieben zeitgleich bestehenden Heiligtümern innerhalb der Siedlung dokumentieren, von denen bereits sechs archäologisch untersucht wurden. Die durchgehenden Opfergräben dienten zur Aufnahme der Opfergaben und Festmahlreste, die zentralen Opfergruben im Innenraum hatten Altarfunktion. Schaupfähle und eine Götterfigur aus Holz runden das Bild der Heiligtümer ab. Trotz ihrer großen Ähnlichkeiten zeigen sie im Detail signifikante Unterschiede in der Bauart und im Opfergabenspektrum, die deutlich machen, dass sie verschiedenen Göttern geweiht waren.

 

Keltische Heiligtümer dienten zur Ausübung wichtiger religiöser Feste, deren Höhepunkte die öffentliche Opferung von vorwiegend Waffen, Pferdegeschirr und Streitwagen, aber auch von Geräten und Schmuck war. Im so genannten blutigen Opfer wurden sowohl Tiere als auch Menschen entweder in einem komplexen Ritual getötet oder auserwählte Tote rituell zugerichtet. Auch in Roseldorf zeigte sich der typische Brauch des Zerstörens, Verbiegens und Unbrauchbarmachens aller Opfergaben. Durch den damit erfolgten Entzug der menschlichen Sphäre wurde ihr Transfer zur Gottheit ermöglicht. Die öffentliche Zurschaustellung von Trophäen wird durch zahlreiche Nägel in Opfergaben bewiesen.

Referentin: Dr. Veronika Holzer, Wien

Dr. Veronika Holzer ist Mitarbeiterin am Naturhistorischen Museum Wien und seit 2001 Leiterin der Ausgrabung und der Erforschung der keltischen Siedlung von Roseldorf/Sandberg.

Wo: 19.00 Uhr, Schranne im alten Rathaus, Marktplatz 1,  Bopfingen